Hattingen und die Schulentwicklung – Teil 3/3
In den ersten beiden Folgen zum Thema Schulentwicklung ging es um das Spannungsfeld, in dem sich die Schulpolitik Hattingens bewegt – auf der einen Seite der Wunsch nach bestmöglicher Bildung für unsere Kinder und Jugendlichen, auf der anderen Seite die Pflicht der Haushaltskonsolidierung und das Wissen um die Notwendigkeit von Einsparungen. Im letzten Teil unserer Artikelreihe geht es um die Konsequenzen, die wir als SPD Hattingen aus diesen Gegebenheiten ziehen.
Teil 3 – die Konsequenzen für unsere Schullandschaft
Wie sieht es denn heute aus? Wir haben zurzeit neun Grundschulen und vier weiterführende Schulen. Die beiden Schulen in Auflösung, die Förderschule und die Marie-Curie-Realschule, sind in dieser Aufstellung schon nicht mehr dabei.
Schulgebäude in der Renovierungs-Warteschleife
Das jüngste und modernste Schulgebäude ist das Schulzentrum Holthausen aus dem Jahre 1978 (bis auf einige Anbauten an anderen Schulen), die meisten Gebäude sind älter als 50 Jahre, einige haben sogar schon den 100. Geburtstag hinter sich – das sieht man der Mehrzahl der Gebäude auch an. Auf Grund der Haushaltslage der Stadt Hattingen werden viele notwendige Sanierungsarbeiten nicht mehr durchgeführt. Einmal im Jahr legt die Verwaltung der Politik eine so genannte „Ewigkeitsliste“ mit Maßnahmen, die an den Schulgebäuden dringend durchgeführt werden müssten, vor. Diese umfasst zurzeit Maßnahmen im Umfang von ca. 6,5 Mio. Euro. Im Haushalt vorhanden sind gerade mal 850000 Euro.
Jedes Jahr beschließt die Politik, mit diesem Geld wenigstens die dringendsten Maßnahmen durchzuführen, dennoch wird diese Liste von Jahr zu Jahr länger.
Schulen in Hattingen immer im Wandel
Man mag ja außerdem glauben, unsere Schullandschaft sei schon „immer so gewesen“, doch das stimmt nicht. Eigentlich sind Veränderungen die Regel:
- Hattingen hatte vor noch gar nicht so langer Zeit 5 Hauptschulen – keine davon ist heute noch übrig geblieben.
- 1988 wurde die Gesamtschule gegründet, dafür mussten die Hauptschule „Lange Horst“ und die Wolfgang-Borchert-Realschule geschlossen werden.
- 2003 wurde die Marie-Curie-Realschule im Schulzentrum Holthausen gegründet, 2016 wird sie schon wieder geschlossen.
- In den letzten 10 Jahren mussten ebenfalls zwei Grundschulen mangels Anmeldungen geschlossen werden.
Die meisten Veränderungen, besonders bei Schulschließungen, entsprangen keiner politischen Steuerung, sondern waren Ausdruck des so genannten „Elternwillens“, also fehlender Anmeldungen. Für Politik und Verwaltung war dies immer ein einfaches Unterfangen – man war nicht der Gefahr ausgesetzt, Schüler, Eltern und Lehrer einer Schule gegen sich aufzubringen. Allerdings wurde dadurch noch weiter in Gebäude investiert und Personal bezahlt, obwohl sich bereits abzeichnete, dass die eine oder andere Schule nicht mehr zu retten war.
Die Frage ist nur: können wir uns in Zukunft bei diesen gesunkenen Schülerzahlen (siehe Teil 1) und der prekären Situation der Stadt Hattingen (siehe Teil 2) dieses Verhalten weiter leisten?
Die Antwort muss einfach ein „Nein“ sein.
Gemeinsame Planung – mit roten Leitlinien
Diese Ansicht hat sich nach und nach bei allen Hattinger Fraktionen und unserer Verwaltung durchgesetzt. So kam es Ende 2014 zur Bildung eines „Unterausschusses integrierte Jugenhilfe- und Schulentwicklungsplanung“. Hier haben sich Vertreter aller Parteien mit der Verwaltung und dem Beratungsunternehmen „Biregio“ zusammengesetzt, um gemeinsam Vorschläge zu erarbeiten, wie unsere Schullandschaft entwickelt werden kann.
Für die SPD gab es von Anfang an folgende Ziele:
- Die Veränderung unserer Schullandschaft darf nicht nur nach rein fiskalischen, finanziellen Gesichtspunkten erfolgen. Die für die Stadt billigste Lösung (Aufgabe möglichst vieler Schulstandorte, verstärkte Schließung von Grundschulen, möglichst große Zentralisierung) kann nicht das beste Ergebnis für unsere Schüler bringen.
- Das Prinzip „Kurze Beine, kurze Wege“ sollte im Grundschulbereich erhalten bleiben. Uns war wichtig, in jedem Stadtteil eine Grundschule zu erhalten.
- Bei den weiterführenden Schulen war uns wichtig, dass alle 4 vorhandenen Schulen erhalten bleiben, und zwar in ihrer derzeitigen Organisationsform und in einer Größe, die den Anmeldezahlen entspricht.
- Alle Schulen müssen Inklusion als gemeinsame Aufgabe begreifen und anpacken.
- Bei Aufgabe eines Schulgebäudes darf der umziehenden Schule kein Nachteil entstehen. Die Schule muss die Möglichkeit bekommen, in ihrer Organisationsstruktur und ihrem Schulprofil weiterbestehen zu können.
In diesen Gesprächen wurde schnell klar, dass es die Möglichkeit einer sinnvollen Einigung gibt, es aber bei den weiterführenden Schulen ohne Aufgabe von Schulgelände nicht geht. Der Grund ist einleuchtend: wir haben in Holthausen das Schulzentrum, ein Gebäude aus dem Jahr 1978 und damit das in Gänze jüngste und in der Ausstattung damit modernste Schulgebäude (mit Ausnahme eines Anbaus an der Grünstraße und der Waldstraße), welches aber durch den Wegfall der Marie-Curie-Realschule zu großen Teilen leer steht. Diesen Leerstand können wir uns nicht leisten.
Vier verschiedene Szenarien – und wie wir sie bewerten
Unterschiedliche Szenarien wurden durchgespielt für die Schulen in Hattingen, an dieser Stelle werden die vier prominentesten Überlegungen vorgestellt.
(P.S.: wir verzichten hier auf das gesamte Zahlenwerk, Interessierten stellen wir diese aber gern zur Verfügung).
Umzug des Gymnasiums Waldstraße in das Schulzentrum – Aufgabe des Schulgeländes an der Waldstraße
Auf den ersten Blick ein verlockender Vorschlag, würden doch hier zwei Hattinger Gymnasien räumlich eng zusammenkommen und könnten zusammenarbeiten. Das schon alte Gebäude an der Waldstraße könnte aufgegeben und das Gelände vermarktet werden. Leider ist das Schulzentrum für die Aufnahme von zwei vierzügigen Gymnasien zu klein, es müsste in großem Maße angebaut werden. Dies rechnet sich nicht.
Gebäudetausch der Gesamtschule mit dem Gymnasium Holthausen
Bei dieser Variante würde die Gesamtschule deutlich gestärkt und könnte auf mindestens 6 Züge wachsen. Leider ist auch die Gesamtschule alleine zu klein, um das Schulzentrum Holthausen komplett zu belegen. Auf der anderen Seite ist das Gymnasium Holthausen wiederum zu klein für die Gebäude der Gesamtschule. Dieser Tausch allein brächte nichts – es würde kein Gebäude aufgegeben werden können, die vorhandenen Schulgebäude würden nur unzureichend genutzt.
Umzug der Grundschule Holthausen – Aufgabe des Schulgeländes Am Hagen
Dies ist die von der Verwaltung favorisierte Lösung. Hier würde durch die Aufgabe und Vermarktung eines Schulstandorts in sehr guter Lage eine Menge Geld zu verdienen sein. Unsere Auffassung ist aber, dass Gymnasium und Grundschule das Schulzentrum Holthausen nicht optimal nutzen würden, es gäbe nach wie vor noch viel Leerstand. Außerdem wären große bauliche Veränderungen am Gebäude notwendig – allein schon, um dieses an die Bedürfnisse von Grundschülern anzupassen.
Zudem gab es große Ängste der Grundschuleltern, ob diese Kombination von sehr jungen und recht alten Schülern funktionieren könne. Um diese Ängste abzubauen gab es sogar den Vorschlag, den geplanten Schulhof der Grundschule mit einem Zaun abzutrennen. Eine optimale Lösung wäre dies nach unserer Auffassung nicht gewesen. Wir, die SPD Hattingen, sind jedenfalls von diesem Vorschlag abgerückt und waren damit nicht allein.
Umzug der Realschule Grünstraße in das Schulzentrum – Aufgabe des Schulgeländes an der Grünstraße
Dieses ist der, mittlerweile, von uns favorisierte Entwurf. Die Realschule Grünstraße würde die Räume einer anderen Realschule übernehmen, was organisatorisch extrem einfach ist. Des Weiteren werden die erst vor 13 Jahren neu eingerichteten Fachräume somit effizient weitergenutzt. Eine vierzügige Realschule und ein vierzügiges Gymnasium passen in dieses Gebäude, ohne dass dieses übervölkert oder halb leer stehen würde. Um dem aber insgesamt gestiegenen Raumbedarf (etwa durch die Inklusion) Rechnung zu tragen, ist hier eine „bauliche Erweiterung“ geplant. Die Verwaltung soll hierbei prüfen, ob das Schulzentrum Holthausen in ein Förder- und Unterstützungszentrum weiterentwickelt werden kann. Das große Schulgelände der Grünstraße kann gut vermarktet werden.
Großer Teil der Mittel soll wieder an die Schulen gehen
Eins muss jedoch klar sein:
Der Umzug der Realschule ist keine Strafe oder Maßregelung, es geht hier im Wesentlichen darum, durch Einsparungen an einer Stelle Qualitätsgewinne an anderer Stelle zu ermöglichen. Es darf nicht sein, dass der Verkauf der Gebäude und des Geländes an der Grünstraße sowie der Wegfall der Betriebskosten lediglich der Konsolidierung unseres Haushalts dienen. Die SPD wird dafür kämpfen, dass ein Großteil dieses Geldes den Schulen zu Gute kommt, und zwar wie folgt:
- Es muss dafür gesorgt werden, dass die Realschule im Schulzentrum mindestens gleiche Bedingungen wie am alten Standort vorfindet. So muss etwa gewährleistet sein, dass die im Schulprogramm verankerten Profilklassen übergangslos weitergeführt werden können.
- Als nächstes muss der Ausbau der Gesamtschule in die Sechszügigkeit in der SI (Sekundarstufe 1) vorangetrieben werden, um dem Elternwillen (169 Anmeldungen in diesem Jahr) zu entsprechen.
- Es müssen baufällige Anbauten an der Grundschule Holthausen ersetzt werden. Der dortige baufällige Bürgertreff wird abgerissen, die Gruppierungen kommen an anderer Stelle unter.
Diese und weitere Punkte hat die SPD zusammen mit der CDU, FDP, Linken und der Fraktion Linke-Piraten in einem Antrag formuliert und wird diesen am Donnerstag, 17. 3. 2016 im Rat der Stadt Hattingen beschließen.
Dies sind, so knapp wie möglich formuliert, die Entscheidungen, die wir als SPD in der Schulpolitik getroffen haben. Nicht alles konnte angesprochen werden. Sollten Sie zusätzliche Fragen haben, so stellen Sie diese einfach über unserer Kontaktformular oder suchen Sie sich über die Seite „Unsere Ratsfraktion“ den richtigen Ansprechpartner für Ihre Frage heraus.