SPD Hattingen spricht sich gegen GroKo aus

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Nein zur Großen Koalition – so lautet die einhellige Meinung des Hattinger Stadtverbandes zum Sondierungspapier. Auf der Montagssitzung fand sich kein Befürworter einer Großen Koalition – dafür aber eine Menge Kritik an den bisher verhandelten Ergebnissen zwischen SPD, CDU und CSU.

Für die SPD „kein ausreichendes Ergebnis“

Zu Beginn der Montagssitzung des Stadtverbandes nahm sich unser Landtagsabgeordneter Prof. Dr. Rainer Bovermann das Abschlussdokument der Sondierungsgespräche zur Brust. Detailliert listete er auf, was sich alles an guten Punkten in den Papier finden lässt – schwerwiegender sei aber das, was eben nicht drinstehe.

So sei etwa das Vorhaben, das Kooperationsverbot abzuschaffen, wichtig und auch zu befürworten. In so vielen anderen Bereichen habe man aber im Gegenzug kaum etwas rausgeholt. Prekäre Beschäftigungsformen etwa seien praktisch kein Thema in dem Dokument, so Bovermann. Am Ende sieht er „kein ausreichendes Ergebnis“, das irgendwie rechtfertigen könne, eine Große Koalition wirklich zu befürworten. Auch die Vorstellung, man könne in Nachverhandlungen noch zusätzliche Pflöcke einschlagen, halte er schlicht für eine Illusion.

Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, sich zu entscheiden, so Bovermann. Am 21. Januar entscheiden die Delegierten auf einem Außerordentlichen Bundesparteitag in Bonn über dieses Papier. Für den Fall eines Scheiterns der Gespräche warnte Bovermann allerdings auch vor falschen Hoffnungen – sollte es anschließend zu Neuwahlen kommen, so werde die SPD dort sicherlich nicht mehr Prozente einfahren als zuvor.

„Steuern kann nur sparen, wer sie zahlt“ – die einzelnen Punkte des Sondierungspapiers

In der Gesprächsrunde wurde an den Ergebnissen der Verhandlungen kaum ein gutes Haar gelassen. Die Aussage „Unsere Leidenschaftsthemen sind alle nicht drin“ bringt dies vermutlich sehr gut auf den Punkt.

  • Gesundheit: Die Rückkehr zur Parität in der Versicherung wird zwar befürwortet, aber kein Hauch von Bürgerversicherung ist in dem Papier enthalten
  • Steuern: Kein Wort zur Erbschaftssteuer, nichts zur Vermögenssteuer, dafür aber eine Abschaffung des Solis – gerade zu diesem Punkt wurde angemerkt, dass nur derjenige durch solche Initiativen Steuern spare, der überhaupt Steuern zahle. Je mehr Einkommen, desto höher die Ersparnis. Arme Menschen profitieren faktisch kein Stück durch die Abschaffung des Solidarzuschlags.
  • Kommunales: Sogar ganz im Gegenteil, wie sich auf kommunaler Ebene zeigen muss. Zwar sind hier vereinzelte Verbesserungen eingeplant – aber wie sollen diese finanziert werden? Mit dem Soli wird bewusst ein finanzielles Standbein weggetreten, das für diese geplanten Mehrausgaben herangezogen werden könnte. Insofern seien die geplanten Erleichterungen für die Kommunen auf der „realen Ebene“ nicht zu finanzieren, so die allgemeine Einschätzung. Es liefe wohl eher auf ein Verlustgeschäft hinaus.
  • Flüchtlingspolitik: Eine faktische Obergrenze, die nicht so heißen darf + ein extrem limitierter Familiennachzug, der dadurch zum Integrations-Nadelöhr wird. Als Verhandlungsergebnis schlichtweg eine Schande. Punkt.
  • Rente: Das Rentenniveau soll bis 2025 auf dem Niveau von bislang 48 Prozentpunkten gehalten werden. Die ursprüngliche Regelung sieht das ebenfalls vor – bis 2024. Dass dieses zusätzliche Jahr als großer Verhandlungserfolg verkauft wird, sorgte für großen Unmut innerhalb der Runde. In diesem Kontext war der Begriff „Mogelpackung“ auf jeden Fall noch eine schmeichelhafte Umschreibung.
  • Arbeit: Es fehlt nach wie vor die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung. Generell fällt dieser Bereich sehr dünn aus.

Fazit: „Das wird nicht sozialdemokratischer werden“

In unserer gestrigen Stadtverbandssitzung wurde deutlich, dass niemand ernsthaft mit weiteren Verbesserungen in einem möglichen Koalitionsvertrag rechnet: Was jetzt schon schlecht verhandelt wurde, das wird auch so bleiben – und die wenigen Pluspunkte genügen weder dem Land noch unserer Wählerschaft.

Eine weitere Große Koalition wäre inzwischen aus demokratietheoretischer Sicht riskant, liefere keine wesentlichen Impulse mehr für das Land und liefe auch der Erneuerung unserer SPD zuwider. Keine staatstragende Pflicht zwingt unsere SPD in eine Koalition, mit der sie sich selbst zu beerdigen droht. Gerne darf die Kanzlerin auch selber versuchen, den Karren aus dem Dreck zu holen.

„Wir sollten das am Sonntag beenden“ – für einen Neuanfang und einen ehrbaren Wahlkampf

Am kommenden Sonntag dann wird auf dem Außerordentlichen Bundesparteitag in Bonn über dieses Papier entschieden. Die erklärte Hoffnung der SPD Hattingen ist hierbei, dass es nicht zu einer Großen Koalition kommt. Wir sind uns bewusst, dass auch im Falle von Neuwahlen der SPD mit Sicherheit kein rosiges Ergebnis bevorsteht. Doch wir sehen die Verantwortung gegenüber unseren Wählerinnen und Wählern, die das Kreuzchen bei uns mit Sicherheit nicht für eine neue Große Koalition gesetzt haben.

Ein abschließendes Zitat vom gestrigen Abend stellt vermutlich den idealen Schlusspunkt dar: „Lieber stelle ich mich bei Neuwahlen wieder auf die Heggerstraße und sage den Leuten: „Es ging nicht, es war zuviel!“.